Einfach mal laufen lassen

In der Stadt zu wohnen hat viele Vorteile. In Luzern zu wohnen, direkt an der Museggmauer, hat aber auch einen Nachteil: viele Touristen. Nun gut, Touristen an sich sind ja eigentlich kein Problem. Oft ist es sogar amüsant, die Leute aus aller Welt beim Selfieknipsen zu beobachten.

Als seien die Touristen nicht genug, führt auch die Foxtrail-Route an unserem Haus vorbei. Die Gruppen sind jeweils leicht zu erkennen an ihren grünen, umgehängten Bändern und den fragenden Gesichtern. Eines Tages sah ein Gesicht einer Frau zusätzlich etwas verkrampft aus. Sie musste augenscheinlich auf die Toilette. Nach einem mehrminütigen Hin und Her siegte der Harndrang: ab hinter die Hecke, in die Knie und laufen lassen.

Ach, das Stadtleben.

Gut, solange nicht gerade in den eigenen Garten gepinkelt wird, ist das ja halb so wild. Apropos: Für ein Foto mit den Rosen vor unserer Eingangstür, laufen so einige Touristen auch mal rund um das Haus herum – die Neugier ist grenzenlos. Naja, was soll’s, halb so wild, solange die ihren Abfall nicht liegen lassen.

Es sieht verlockend aus, oder? 😉

Diese Rosen, diese begrünte Mauer an der Hinterseite unseres Hauses. Sie versprüht einen Hauch südländische Stimmung – und scheint die Leute irgendwie anzuziehen. Letztens an einem Samstag. Nichtsahnend öffnete ich die Haustüre. Mein Blick ging nach rechts und da stand doch tatsächlich einer in der männlichen Piss-Haltung vor unserem Rosengarten.

Der Tatort!

Ich war perplex, während der ca. 1,90m grosse Mann sein bestes Stück in der Hose verpackte und ohne mich anzuschauen murmelte: «Oh, sorry Man.» Danach schlug er sich seine Kapuze über den Kopf und lief davon. Na gut, immerhin hat er sich entschuldigt.

Und ich? Was habe ich gemacht?
Ich habe ihn laufen lassen.

Ach, das Stadtleben.

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