Präsidentin, Teenagerin, Europameisterin – drei Frauen und Darts

Darts Frauen Schweiz De Mamiel Gaylor Ziebold
Fiona Gaylor, Esther De Mamiel und Zoe Ziebold (v.l.)

MAZ-Diplomarbeit

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> Audio-Inputs von Darts-Moderator Elmar Paulke aus Deutschland. Seit 2004 moderiert er im deutschen TV jedes Jahr die Darts-WM und hat bis heute zwei Bücher über diese Sportart veröffentlicht. Er ist DIE deutsche Stimme im Darts.


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Darts im Aufschwung

Eine Bühne, eine Dartscheibe, zwei Männer, je drei Pfeile – im Hintergrund tausende Zuschauer. Die Darts-Profis im mentalen Tunnel, die Zuschauer in Partystimmung. Die PDC-Darts-Weltmeisterschaft in London ist zu einem grossen Ding geworden. Das Pfeilewerfen fasziniert die Massen, die TV-Übertragungen helfen, die Sportart unter die Leute zu bringen. In Europa steigen die Mitgliederzahlen bei den nationalen Verbänden, in Holland und Deutschland ist gar ein regelrechter Boom entstanden.

E. Paulke über die Faszination Darts:

Für die aktuelle Ausgabe der WM im Alexandra Palace, genannt Ally Pally, legte die PDC noch eine Schippe drauf: Höheres Preisgeld, mehr Teilnehmer, darunter das erste Mal zwei fixe Startplätze für Frauen. Frauen im Darts, das gibt es auch in der Schweiz.


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Esther De Mamiel: Dundee’s Chick

Die Geschichte der Präsidentin des einzigen Deutschfreiburger Dartclubs.

Das Video als Einsteig:

Bei Esther De Mamiel auf dem Esstisch steht ein Fondue-Caquelon. Der Preis für den zweiten Platz beim Turnier der FKB Darts League in Wünnewil. Das Turnier nahm ein freudiges Ende nach einem Schock am Morgen. De Mamiel erschien zu spät in der Aula von Wünnewil. Die Amateurliga ist beliebt, die 60 Startplätze immer sofort voll, die Regeln darum strikt.

De Mamiel nervte sich: „Seit 7 Uhr bin ich wach, vertrieb mir zuhause die Zeit bis zum Turnierstart. Ich hatte die falsche Uhrzeit für die Anmeldung im Kopf. Nun muss ich die Konsequenzen tragen.” Sie hat sich zwar inzwischen für die ersten drei Turniere im 2019 angemeldet, wird aber eventuell noch auf die Warteliste gesetzt.

Esther De Mamiel wohnt mit ihrem Ehemann Kevin, ein Australier, in Schmitten. Er war es, der anfing mit Steeldarts. Sie kam dadurch ebenfalls auf den Geschmack. Zu Beginn warf die diplomierte Aktivierungsfachfrau ihre Pfeile nur in der eigenen Garage. Im Jahr 2016 hatte sie den Mut, sich bei der FKB Darts League, eine Amateurliga hauptsächlich für Spielerinnen und Spieler aus der Region Freiburg und Bern, anzumelden.

Darts ist für mich ein sozialer Sport. Stundenlang alleine trainieren kann ich nicht.
Esther De Mamiel, Dartspielerin

Sie war damals unsicher, ob ihr Niveau gut genug ist und ob sie das Schreiben meistert. Denn während sich zwei Spieler an der Dartscheibe duellieren, braucht es an den Turnieren eine dritte Person, welche die Punkte aufschreibt. Von 501 runter auf null rechnet diese jeweils nach den drei Pfeilen die noch benötigten Punkte aus und schreibt sie auf die Tafel neben dem Board. „Amateure werfen im Vergleich zu den Profis viele verschiedene Zahlen. Das macht das Rechnen schwieriger. Neuanfänger haben grossen Respekt vor dieser Aufgabe, einige spielen gar darum nicht an Turnieren”, sagt Esther De Mamiel.

Präsidentin ohne Lizenz

Die Schmittnerin hielt das Schreiben nicht von einer Turnier-Anmeldung ab. Heute ist sie froh darüber. Anlaufschwierigkeiten als Frau, in einer Szene die von Männern dominiert ist, hatte sie nicht. Zu Beginn war De Mamiel eine von nur zwei Frauen – heute sind teilweise bis zu fünf der 60 Teilnehmer weiblich. „Man nimmt mich als Darts-Mitstreiterin und nicht als Frau oder gar Exotin wahr. Ich bin super integriert.”

Darts Esther De Mamiel Freiburg
Am FKB Darts League Turnier in Bösingen im Einsatz: Esther De Mamiel.

De Mamiel wird Teil einer Gruppe von Kollegen und Bekannten aus der Region, zu der auch ihr Mann gehört. Er und einige weitere Mitglieder wollen eine Lizenz lösen und an der nationalen Meisterschaft des Schweizerischen Darts Verbands (SDA) teilnehmen. Dafür braucht es einen Verein mit Statuten. Darum entsteht im Frühjahr 2017 der Dart Club Sense Steel. Esther De Mamiel ist Präsidentin des Clubs, weil sich sonst niemand für das Amt gemeldet hat.

Vorerst drei Jahre steht sie dem einzigen Deutschfreiburger Dartclub vor. Was im Jahr 2020 passiert, weiss sie noch nicht. Eine Lizenz hat sie nicht. „Ich werde höchstens als Notnagel einspringen,” sagt sie. Ihr gefällt es an den Amateurturnieren, an welchen sie nur teilnehmen kann, solange sie keine Lizenz hat.

Dundee’s Chick

Im Darts ist es üblich, das die Spielerinnen und Spieler einen Spitznamen haben. Bei Esther De Mamiel kamen die Organisatoren der Darts League auf die Idee: Dundee’s Chick. Der Name entstand in Anlehnung an ihren Mann Kevin, der aus Australien stammt. Genauso wie die berühmte Filmkomödie „Crocodile Dundee”. Mit Dundee’s Chick ist die Frau des Krokodiljägers Mick Dundee gemeint. Esther De Mamiel war mit diesem Vorschlag einverstanden. Andere, hauptsächlich englische, Namen in der Amateurliga lauten: „Mr. Nice Guy”, „John Deere” oder „The Fork”.

Anfang November 2018: Dundee’s Chick, nimmt am ersten TV-Turnier der Darts League teil. Der regionale Sender Rega Sense TV filmt die Duelle an einer der Scheiben auf der Bühne mit zwei Kameras. Die Live-Sendung beginnt um 9.30 Uhr für die Qualifikationsspiele, ab Mittag startet das offizielle Turnier und der Final ist zur abendlichen Primetime geplant.

Es soll ein Darts-Fest werden in Anlehnung an die jährliche WM in England (siehe Box unten). Es finden aber nur wenige Zuschauer den Weg nach Bösingen, noch weniger davon sind verkleidet. Dafür haben sich die Spieler herausgeputzt: Ein Mann hat sich eine Dartscheibe auf die kurzen Haare am Hinterkopf zeichnen lassen, ein anderer trägt knallrote Hosenträger.

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An der Scheibe 6, fernab von den TV-Kameras, spielt Esther De Mamiel. Schwarzes T-Shirt, auf dem Rücken steht Dundee’s Chick in violetter Schrift. Das Spiel geht los. Warten, vortreten, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, nach vorne an die Scheibe laufen, Pfeile rausziehen, warten. Sie zieht einen schlechten Tag ein – Niederlage reiht sich an Niederlage. Sie nimmt es gelassen hin. Erfolg steht bei der 48-Jährigen nicht an erster Stelle. Für sie ist die Kollegialität entscheidend, das Eintauchen in die ganz eigene Darts-Welt.

Der Freudenschrei

„Ein Turniertag ist für mich Entspannung, ein Tag frei von Arbeit und Haushalt.” Falls sie dieses Bedürfnis zwischen diesen Turnieren hat, lädt sie ihre Freunde für einen Dartabend nach Schmitten in ihre Garage ein – Essen, Trinken, Dartspielen, die Zeit vergessen. Selten übt sie alleine, mehrmals in der Woche spielt sie einige Stunden zusammen mit ihrem Mann oder im Clublokal, in der Pfandmatta in Heitenried. „Darts ist für mich ein sozialer Sport. Täglich stundenlang alleine Pfeile werfen kann ich nicht. Wahrscheinlich wird darum mein Spiel auch nur langsam besser.”

Esther De Mamiel Darts
Esther De Mamiel zuhause in ihrem Dartkeller.

Am Nachmittag erhält Ester De Mamiel Besuch am Turnier in Bösingen. Zwei ältere Personen: eine Frau und ein Mann, der im Rollstuhl sitzt. De Mamiel umarmt beide innig. Es sind Bewohner aus dem Pflegeheim, in dem sie arbeitet. „Wir wollen jetzt endlich mal miterleben wie das hier so läuft”, sagt die Frau zu De Mamiel, während der Mann lacht. Wenig später steht Dundee’s Chick für ihr letztes Gruppenspiel an der Scheibe. Es läuft besser als in den vorherigen Matches.

Plötzlich ein lauter Freudenschrei! Esther De Mamiel ballt die Faust und atmet tief durch. Sie hat ihr erstes Leg an diesem Tag gewonnen. Die Spieler und Zuschauer rund um die Scheibe applaudieren. Kurz darauf fokussiert sich de Mamiel wieder:  Warten, vortreten, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, nach vorne an das Board laufen, Pfeile rausziehen, warten. Am Ende gewinnt sie das Match mit 2:1 Legs – ein Sieg zum Abschluss.

Es braucht viel Training, um im Darts ein bestimmtes Niveau zu erreichen. Entscheidend dabei ist nicht nur, die hohen Dreifach-Felder zu treffen. Um ein Leg zu beenden, ist Sicherheit auf den Doppel-Feldern wichtig. Denn ein Leg kann nur durch einen Treffer eines Doppel-Feldes beendet werden. „Triple is funny, but Double makes the money” (dt. Dreifach macht Spass, Doppel bringt das Geld) ist ein berühmter Satz in der Szene. Gegen Ende eines Legs wird dank der „Double out”-Regel für den Spieler die Rechnerei zum Thema. Es gilt eine Rest-Zahl zu erspielen, die mit einem Doppel-Feld  zu nullen ist, zum Beispiel die 40 für die Doppel-20.

Rotwein, statt Bier

Am 1. Dezember, knapp zwei Wochen vor dem Start der PDC-WM, findet in Wünnewil das letzte Turnier der Freiburger Amateurliga statt. Die Bilder im Vergleich zum Turnier in Bösingen gleichen sich. Zehn Dartscheiben, davon acht in einer Reihe, zwei auf der Bühne. Die Atmosphäre hat etwas Meditatives: Acht Scheiben mit wenig Abstand nebeneinander. Die Spieler wirken wie Roboter. Immer das gleiche Prozedere, nur ganz selten ein Wortwechsel, ab und zu Emotionen. Wer nicht spielt, der schaut zu und trinkt ein Bier. Am Pissoir wird über Doppel-Quoten und hohe Finishes diskutiert.

Esther De Mamiel trinkt lieber Rotwein. Den Ärger über die Verspätung ist vorbei, Dundee’s Chick ist wieder in ihrer Welt.  Warten, vortreten, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, konzentrieren, werfen, nach vorne an die Scheibe laufen, Pfeile rausziehen, warten. Am Ende gewinnt sie als Zweitplatzierte einen Gutschein vom Dartshop in Bern. Der Sieger gewinnt ein Fondue-Caquelon und weil beide lieber den Preis des anderen hätten, tauschen sie. Während nun die Darts-Profis an der Weltmeisterschaft in London um ein Sieger-Preisgeld von über 600 000 Franken spielen, taucht Esther De Mamiel zuhause am Esstisch Brotstücke in geschmolzenen Käse.

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Schweiz, ein Darts-Entwicklungsland

Seitdem die Darts-WM im deutschsprachigen Raum am TV ausgestrahlt wird, ist die Sportart auch in der Schweiz angekommen – bleibt aber weiterhin ein Strohfeuer.

Im internationalen Steeldarts gibt es zwei dominierende Organisationen. Die British Darts Organisation (BDO), welche dem Dachverband World Darts Federation (WDF) angehört. Von dieser BDO haben sich 1992 16 Profis losgelöst und eine eigene Profiliga gegründet: die Professional Darts Corporation (PDC). Dank regelmässigen TV-Übertragungen, seit 2004 auch in Deutschland, breitete sich die PDC in Europa immer mehr aus.  Erfolgreiche holländische Spieler sorgten in ihrem Land für einen Boom – die Dutch Dart Foundation (DDF) entstand.

Seit 2006 breitet sich die PDC mit ihrem Ableger PDC Europe im deutschsprachigen Raum aus. In Deutschland und Österreich funktioniert das gut. Aus beiden Ländern haben sich Spieler in der erweiterten Weltspitze etabliert. In Deutschland finden Turniere vor mehreren Tausend Zuschauern statt. Und in der Schweiz? Ein Aufschwung ist erkennbar, Steeldarts steckt hier allerdings noch immer in den Kinderschuhen. Das belegen auch die folgenden Zahlen der Swiss Darts Association (SDA):

Das Potenzial ist da, aber …

„Die besten Schweizer Spieler haben rein sportlich das Potenzial für in die Top 64 der Welt”, sagt Thomas Gerock, SDA-Vorstandsmitglied und Nationaltrainer. Im Weg steht der grosse zeitliche Aufwand um an Turnieren der PDC-Europe teilzunehmen. „Die Qualifikationsturniere finden am Donnerstagabend statt, meistens in Deutschland. Mit An- und Abreise sind das also drei Tage, die ein Spieler dafür aufbringen muss”, sagt Gerock. Das sei mit einem normalen Job nicht zu vereinbaren. Als zusätzliche Hürde kommt der finanzielle Aufwand hinzu.

Die Strukturen sind zu kompliziert. Es ziehen nicht alle am gleichen Strick.
Charly Einstein, Inhaber Dartshop Bern

In der Schweiz ist im Vergleich zu Deutschland oder Österreich die Konkurrenz zu wenig breit. „Um es zum Profi zu schaffen, braucht es regelmässig Spiele auf hohem Niveau, gegen ähnlich starke Gegner. Das ist in der Schweiz nicht gegeben.” Immerhin versucht die SDA im Nachwuchsbereich voran zu kommen. Seit drei Jahren gibt es ein nationales Jugendteam, das auch schon international Erfahrungen machen konnte.

Bezüglich einer verstärkten Professionalisierung ist Gerock skeptisch: „Wir sind ein Verband, die Mitgliedervereine müssten an der Generalversammlung Beschlüsse dazu fassen. Die finanziellen Mittel sind dabei wohl das grösste Hindernis.” Wie die Beispiele der PDC oder der PDC-Europe in Deutschland zeigen, wird Darts für Sponsoren interessant, wenn TV-Übertragungen im Spiel sind. Thomas Gerock glaubt, dass ein PDC-Europe-Turnier in Zürich durchaus ein grösseres Publikum anziehen könnte.

Alle machen ihr eigenes Ding

Charly Einstein kennt die Schweizer Darts-Szene gut. Er ist Mitinhaber des Darts und Billard Shop in der „Stadt Bern“. Selber spielt Einstein seit seiner Kindheit Darts. Für ihn ist klar, wieso die Sportart in der Schweiz nicht vorankommt: „Die Strukturen sind zu kompliziert. Neben der SDA gibt es gerade im E-Darts viele kleinere, regionale Verbände. Es ziehen nicht alle am gleichen Strick.” In einer Randsportart sei das verheerend für die Entwicklung.

In seinem Laden spürte er nach den ersten TV-Übertragungen der Darts-WM einen Boom. Seither läuft das Geschäft jeweils während und gleich nach der WM gut. Einstein relativiert aber: „Diese Zeit hilft uns, die restliche Zeit des Jahres auszugleichen, in welcher Darts nicht so präsent ist bei den Leuten.” Er glaubt nicht daran, dass sich Darts in der Schweiz ähnlich stark entwickeln wird, wie das in Deutschland oder Holland der Fall war.

Eine gute Starthilfe

Im Kanton Freiburg haben Manfred Raemy und Silvio Stritt mit ihrer FKB Darts League eine Tradition am Leben erhalten. „Früher gab es Darts-Turniere in Wünnewil, in der Wuno-Bar. Da haben Silvio und ich uns mit der Sportart angefreundet”, sagt Raemy. Als der Wirt wechselte, fanden diese Turniere nicht mehr statt, was die beiden sehr bedauerten. Also begannen sie im Jahr 2007 selbst, Turniere zu organisieren. Raemy erinnert sich: „Am Anfang hatten wir drei Scheiben und 16 Teilnehmer.”

Seit drei Jahren sind es 60 Teilnehmer, die auf zehn Scheiben verteilt werden. „Diese Anzahl ist unsere obere Grenze”, sagt Raemy. Die Amateurliga ist in Freiburg zu einer festen Grösse im Darts geworden. Es hat sich eine Szene gebildet, die Spass am Darts hat. Für viele Anfänger ist die Liga ein guter Start, um die Sportart im Wettkampf-Modus zu spielen, und nicht nur zuhause im Familien- oder Freundeskreis.

Suche deine Gemeinde und finde den Darts-Club in der Nähe:

Eine Herzensangelegenheit

Für die beiden Organisatoren ist die Darts League eine Herzensangelegenheit, beide nehmen auch selber an den Turnieren teil. „Wir sind nicht gewinnorientiert. Das Startgeld von 20 Franken pro Person und pro Turnier wird hauptsächlich für Preise investiert. Der Rest fliesst in den Unterhalt der Anlagen oder deckt weitere Ausgaben”, erklärt Raemy. Sechs Turniere finden pro Jahr statt, hauptsächlich an Orten im Sensebezirk.

Dieses Jahr wurde eines dieser Turniere live im regionalen TV übertragen. „Es hätten noch mehr Zuschauer kommen können, doch wir sind mit der Premiere zufrieden”, äussert sich Raemy dazu. „Einige Zuschauer, die das Turnier im Fernsehen gesehen haben, sind danach vor Ort gekommen, um sich selber ein Bild zu machen.” Darum hält man auch in Zukunft an dieser Idee fest: Ein Turnier pro Jahr wird live im TV übertragen und soll zu einem grossen Fest werden.

E. Paulke über die Entwicklung:

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Text 4

Zoe Ziebold – die Teenagerin

Die Geschichte der Teenagerin und wie sie per Zufall zu ihrem ersten Turnierauftritt kam.

Bei der Familie Ziebold, zuhause in Signau, begann die Geschichte mit einem alten E-Darts-Automaten, der aus dem Keller geholt wurde. Richard, der Vater, wünschte sich aber eine Steeldartscheibe. Zu Weihnachten 2015 erfüllten ihm seine Frau und seine Tochter Zoe den Wunsch. Zusammen mit ihrem Vater fing auch Zoe an Steeldarts zu spielen.

Papa begann Turniere in der Freiburger Amateurliga zu spielen. Zoe war oft mit dabei – als Zuschauerin. Auch an jenem Turnier im Dezember 2016, bei dem eine Person kurzfristig ausfällt. Die Organisatoren fragen die Teenagerin ob sie einspringt, obwohl sie eigentlich das Mindestalter von 16 Jahren noch nicht erreicht hat. Solange ihr Vater bei jedem Turnier dabei ist, darf sie mitspielen.

Esther De Mamiel Darts
Zoe Ziebold am Turnier der FKB Darts League in Wünnewil.

Seit diesem Tag hat sie keines der Turniere mehr verpasst – als Spielerin. Darts wird zum Hobby von Zoe Ziebold, in Dartkreisen auch bekannt unter dem Namen ZZ Top. Die Maturandin hat mit ihrem Vater einen guten und ehrgeizigen Lehrer. Wenn möglich schaut er bei den Spielen seiner Tochter zu, fiebert mit, macht ihr Mut. Immer wieder kommt es zu kurzem Augenkontakt, ehe sie wieder an der Reihe ist und ihre nächsten drei Darts auf die Scheibe wirft.

Dass sie ein Mädchen ist und noch dazu die jüngste aller Liga-Mitglieder, ist für die 15-Jährige kein Problem: „Im Darts spielt es keine Rolle, ob du Mann oder Frau bist, ob gross oder klein, ob stark oder schwach. Es kommt vor allem auf die mentale Stärke an.”

Ein Sieg gegen Papa als Ziel

An eine Lizenz oder gar eine Darts-Karriere denkt die Teenagerin momentan nicht. Neben der Schule hätte sie nicht genügend Zeit für intensiveres Training. Sie steckt sich andere Ziele: „Meinen Papa habe ich bis jetzt noch nicht besiegt. Irgendwann schaffe ich das hoffentlich.” Neben dem Dartspielen liest die junge Emmentalerin gerne und hin und wieder schreibt sie eigene Geschichten. Die Geschichte über Zoe Ziebold und Darts, es ist eine Liebesgeschichte. Das Vorwort liefert sie gleich selbst: „Ich bin eher unsportlich, aber Darts macht mir grosse Freude.”

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Fiona Gaylor – die Europameisterin

Die Geschichte der Europa- und Schweizermeisterin, die nicht trainiert, aber trotzdem dominiert.

Sie ist ein Naturtalent. Fiona Gaylor aus Winterthur ist seit Jahren eine der besten oder gar die beste Schweizer Dartspielerin. Mit E-Darts angefangen, setzt sie seit 2010 bevorzugt auf Steeldarts. „Es hat mehr Stil, ist die edlere Variante des Sports”, sagt die amtierende Europa- und Schweizermeisterin. Zu Beginn ihrer Karriere wurde sie oft von Männern belächelt.

Eine Szene bleibt ihr speziell in Erinnerung: „Normalerweise wird ausgespielt, wer das erste Leg beginnen darf. Ein Mann jedoch liess mich von sich aus das erste Leg beginnen.” Gaylor gewann das Match. Die 36-Jährige verschaffte sich im Laufe der Zeit mit ihren Erfolgen den teils fehlenden Respekt. Trotz noch anderen solchen Erlebnissen sagt Gaylor: „Ich weiss nicht wieso, aber ich spiele lieber gegen Männer.”

Fiona Gaylor Darts
Fiona Gaylor in ihrem Trainingslokal in Winterthur.

Der Erfolg und die aufgebauten Freundschaften in der Dartszene motivieren sie dran zu bleiben. Doch plötzlich wir ihr alles zu viel, sie verliert die Lust am Darts. Als Folge davon hört Gaylor mit dem Training auf, spielt nur noch Turniere. Ihre Leistungen werden aber nicht schlechter: Sie gewinnt regelmässig Turniere, dominiert die nationalen Frauenmeisterschaften, und hält wie zuletzt im September mit dem Europameistertitel auch international die Schweizer Fahne hoch. Kaufen kann sich die Pflegeassistentin davon nichts. Beim Europacup gibt es kein Preisgeld, für den Sieg an den Schweizer Meisterschaften erhält Fiona Gaylor 250 Franken.

Zeit und Geld fehlen

Um an jenen Turnieren zu spielen, bei denen es um mehr Geld geht, müsste sie in allen Belangen noch eine Schippe drauflegen. Mehr Training um ihr Spiel auf ein nächstes Level zu heben, mehr Geld für Reisen an internationale Turniere ausgeben. Dafür braucht es mehr Zeit. „Der Reiz wäre da, aber das Geld und die Zeit fehlen.” Also spielt die beste Schweizer Dartspielerin hauptsächlich in der Schweiz für den Zürcher Dartclub Papillon, dem insgesamt 45 Mitglieder angehören. Mitte Dezember gewann Gaylor die jährliche Clubmeisterschaft und ist somit „Papillonmeisterin” 2018.

Elmar Paulke über Frauen im Darts:

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Das Frauen-Darts braucht mehr als nur einen PR-Gag > Kommentar

Der PDC-Boss Barry Hearn sorgte dafür, dass an dieser Darts-WM mit Lisa Ashton und Anastassija Dobromyslova zwei Frauen teilnahmen. Das ist wahrscheinlich erst der Anfang, Experten in der Szene munkeln über eine PDC-Frauen-Tour. Dabei geht es hauptsächlich um Geld. Frauen waren und sind zwar an den PDC-Turnieren zugelassen, hatten bisher aber keine Chance an die Honigtöpfe zu gelangen. Bei der BDO wiederum gibt es eine Frauen-Liga, die Preisgelder dort sind aber winzig im Vergleich mit der PDC. Die zwei fixen Plätze für Frauen an der Darts-WM sollten aus meiner Sicht nicht mehr als ein einmaliger PR-Gag sein.

In Zukunft braucht es eine andere Lösung. Entweder schaffen es Frauen im Kampf mit beiden Geschlechtern unter die besten 92 der Welt oder es gibt eine PDC-WM nur für Frauen. Um regelmässig Frauen an einer WM zu sehen, führt der Weg über eine rein weibliche WM. Denn obwohl viele in der Szene immer wieder betonen, dass es eigentlich keinen Unterschied zwischen Mann und Frau im Darts gibt, ist der Unterschied trotzdem da. Anders ist nicht zu erklären, wieso es die Frauen in der Vergangenheit nicht regelmässig an die WM geschafft haben.

Niemand hat eine Erklärung für den Unterschied, den es eigentlich gar nicht gibt. Die PDC und die damit verbundenen Preisgelder auch für Frauen, könnten diese Lücke kleiner werden lassen. Je grösser der Ertrag, desto eher nehmen in Zukunft mehr Frauen den Aufwand einer Darts-Karriere auf sich. Duelle zwischen Frauen und Männer haben ihren Reiz, momentan sind sie aber nicht mehr als ein Showeffekt. Für mich lautet die Devise: Richtig, oder gar nicht.

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Rechte: Alle Inhalte wurden vom Autor Janick Wetterwald erstellt.

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